Und wie soll es jetzt weitergehen? – Typen von Zielverfolgern und Methoden für gute Lebensentscheidungen

„Wenn du den lieben Gott zum Lachen bringen willst – mach Pläne.“ Auf diesen Spruch stieß ich einst in einer Fernsehserie. Seitdem ist er mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und wenn sich so ein Glaubenssatz erstmal im Kopf eingenistet hat und nach Bestätigung sucht findet er sie auch. In der Psychologie sagen wir dazu selbsterfüllende Prophezeiung.

An ganz unterschiedlichen Punkten im Leben müssen wir Entscheidungen treffen. Entweder weil ein Ziel gerade erreicht wurde oder eben nicht erreicht wurde (z.B. Abschluss oder Abbruch von Schule, Ausbildung oder Studium) oder weil sich Möglichkeiten ergeben, die wir bei unserer ursprünglichen Zielplanung noch nicht in Betracht ziehen konnten (Z.B. ein neues Jobangebot in einer anderen Stadt, ein Hauskauf oder eine Familiengründung). Fakt ist, wir haben zwei ähnlich gute Alternativen.

Viele stellen sich dann die Frage: „Welches Ziel ist mir wichtiger?“ Darin impliziert ist meist die Frage: Bin ich bereit, eins meiner Ziele  (z.B. Karriere machen), aufzugeben, um einem anderen Ziel, dass sich aus einem Angebot ergibt zu folgen (z.B. ein Haus in der Heimat kaufen, Quereinstieg in einen völlig anderen Job o.ä.)?

Der „Locus of Control“

Nun gibt es in der Psychologie in dieser Hinsicht grob gesagt zwei Typen von Menschen: Die sogenannten Internals verfolgen und fokussieren konsequent ihre Ziele und setzen diese in die Tat um. Sie lassen sich dabei durch nichts und niemanden beirren. Diese Menschen haben einen so genannten internen „locus of control“ (deutsch: Kontrollüberzeugungen); Darum „internals“). Sie gehen vereinfacht gesagt davon aus, dass sie selbst ihres Glückes Schmied sind und sie mit ihren eigenen Handlungen erheblichen Einfluss auf ihr Leben nehmen können. Gleichzeitig haben diese Menschen auch ein großes Bedürfnis über ihr Leben selbst zu entscheiden. Diese inneren Einstellungen führen zu der oben beschriebenen hohen Zielstrebigkeit und dazu, dass die gesetzten Ziele auch häufig erreicht werden. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass sie sich auf dem Weg zum Ziel ergebende Möglichkeiten ohne Rücksicht auf Verluste ausschlagen. Überspitzt kann man sagen: „Was nicht im Plan steht, kommt nicht vor.“ Der Zielerreichung ordnen sie alles unter, was nicht der Zielerreichung dient.

Externals hingegen sind der Ansicht, dass die Dinge, die ihnen passieren durch externe Faktoren wie Glück, Pech, Schicksal, Vorherbestimmung etc. geschehen. Sie sind weniger auf ein Ziel fokussiert, sondern entscheiden je nach Situation was gerade besser passt. Der Vorteil ist, dass sie so offen bleiben für sich bietende Chancen und sie diese flexibel am Schopf packen können. Es besteht jedoch die Gefahr, dass ein External ein mittelfristig gesetztes Ziel schnell wieder aus den Augen verliert, weil es für den Moment ein attraktiveres Angebot.

Internals sind also eher zielstrebig, Externals lassen sich also mehr von äußeren Einflüssen treiben. Keiner der beiden Typen ist besser oder schlechter. Es sind einfach unterschiedliche Strategien im Umgang mit Lebensentscheidungssituationen. Denn das wichtigste: beide Strategien können glücklich machen. Wichtig ist, sich der Vor- und Nachteile bewusst zu sein und einen Umgang damit zu finden. Der Internal wird froh sein, wenn sein Ziel erreicht ist und er sich ein neues stecken kann, welches er vielleicht auf dem Weg liegen lassen musste. Der external nimmt in Kauf, dass er sein gestecktes Ziel später erreicht, er aber über viele Umwege auch die Umgebung kennengelernt hat.

Im Wald, zwei Wege boten sich mir dar… (Robert Frost)

Wie treffe ich gute Lebensentscheidungen?

Aber was mache ich denn nun konkret, wenn ich mal wieder an einer Weggabelung des Lebens stehe und nicht weiterweiß? Eine der häufigsten Methoden ist wahrscheinlich die Pro- und Contraliste. Man schreibt alle Punkte auf die dafür sprechen xy zu tun und alle Punkte die dagegensprechen. Je nach dem kann man einzelne Punkte auch noch unterschiedlich gewichten und dann entscheidet man sich für die Variante, die auf mehr Punkte kommt.

Das Problem bei dieser Liste ist nur: Häufig ist es unmöglich alle notwendigen Informationen zu bekommen, wie das Leben wird, wenn ich mich für oder gegen xy entscheide. Oder wie Ruth Chang es in ihrem Ted-Talk formulierte: „Wenn doch nur Gott oder Netflix mir eine DVD schicken würden, mit meinen beiden möglichen Lebenswegen nach der Entscheidung drauf.“ Leider (oder zum Glück?) hat so eine DVD noch nie jemand bekommen. Daher wirbt Chang dafür, sich einfach zu entscheiden ohne lange über die Konsequenzen nachzudenken, da bei schwierigen Entscheidungen grundsätzlich die möglichen Alternativen positive Aspekte haben und der Mensch im Nachhinein ohnehin großartig darin ist, gute Rechtfertigungsgründe zu finden warum man sich so oder so entschieden hat. Das ist ein Prozess, der nach einer Entscheidung einsetzt. Hierbei entsteht jedoch ein Problem, welches ich auch bei der Pro-Contra-Liste sehe. Die Punkte für die sich nicht entschieden wurden, fallen unter den Tisch. Doch häufig kommen Sie irgendwann wieder zum Vorschein. Das Gespenst des Bereuens geht um. Man fragt sich immer wieder: „Was wäre wohl gewesen, wenn…“ Vor allem in Momenten, in denen es einem nicht so gut geht.

Dieses Problem löst eine Art der Anwendung der Methode des inneren Teams. Hierbei geht es darum sich ähnlich wie bei der Pro-Contra-Liste für beide Alternativen zu fragen, welche Erwartungen, Hoffnungen, Träume, Ängste oder Befürchtungen diese oder jene Entscheidung bei mir weckt. Jeder dieser „inneren Stimmen“ weise ich ein Teammitglied zu. Zum Beispiel könnte es sein, dass Job A mir mehr Gehalt bietet. Mein innerer Finanzminister würde daher sagen: „Denk an das Geld wähle Job A!“ Doch schon wiederspricht der innere Gelassenheitsbeauftragte: „Job A ist viel zu stressig! In Job B gibt es weniger Geld, aber dafür ist es auch weniger belastend.“ In der Art und Weise können eine unbestimmte Anzahl von Teammitgliedern entstehen. Und für eine gute Entscheidung sollten, wie in einem richtigen Team alle gehört werden. Sonst könnte man es bereuen! Die Kunst besteht also darin, möglichst viel Positives aus beiden Entscheidungen miteinander zu verbinden. Im hier gemachten Beispiel könnte ich Job A annehmen unter der Voraussetzung, dass mir flexible oder reduzierte Arbeitszeiten ermöglicht werden, um ausreichend Erholung zu bekommen. Oder ich nehme Job B an, und versuche ein höheres Gehalt oder andere Kompensationsleistungen zu bekommen. Ich versuche also scheinbare Gegensätze miteinander zu verbinden. Schulz von Thun nennt das „Die innere Ratsversammlung“. Denn die Mitglieder des inneren Teams handeln einen (im Idealfall) für Alle tragfähigen Konsens aus. Auf diese Weise leistet das Modell zweierlei: erstens wird man sich selbst klarer darüber, was man eigentlich will und zweitens hat man im Idealfall nichts zu bereuen.

Und das beste: Das innere Team eignet sich sowohl für Internals als für Externals.

 

Quellen und weiterführende Links:

http://mds.marshall.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1013&context=acct_faculty

https://www.ted.com/talks/ruth_chang_how_to_make_hard_choices?language=de#t-195029

http://www.inneres-team.de/miss-lexikon

Selbsttest Internal/External: http://www.mccc.edu/~jenningh/Courses/documents/Rotter-locusofcontrolhandout.pdf